Präventiver Restrukturierungsrahmen – Implikationen aus der Stellungnahme des BDU

Der Bundesverband der Unternehmensberater e.V. (BDU) hat im November 2019 sein Positionspapier zum Gesetzgebungsverfahren zum präventiven Restrukturierungsverfahren veröffentlicht und in diesem zu 5 Regelungsbereichen Stellung bezogen. Neben der generellen Diskussion, ob und in welcher Form in kleinen Unternehmen Frühwarnsysteme installiert sind, beschäftigt sich das Positionspapier u.a. mit den Wegen in den Restrukturierungsrahmen, der Auswahl des Restrukturierungsbeauftragten sowie den Anforderungen an den eigentlichen Restrukturierungsplan.

 

Das Positionspapier im Überblick

1. Frühwarnsysteme

Zu Recht verweist der BDU darauf, dass dieser vom Gesetzgeber zu regelnde Teilbereich stärker in den Fokus der öffentlichen Diskussion gestellt werden sollte. Gerade kleinere Unternehmen verfügen häufig nicht über eine zeitnahe und hinreichend transparente Buchhaltung, die über entsprechende Kennzahlen frühzeitig Fehlentwicklungen erkennen lässt.

Der BDU nennt in seinem Positionspapier Beispiele für alternative Frühwarnindikatoren, die auch in KMU als Krisenindizien dienen können. So werden vermehrte Mahnungen oder auch größere Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Fremdkapital als entsprechende Indikatoren genannt. Der BDU strebt die Erstellung einer einfachen Checkliste an, mit deren Hilfe auch krisenunerfahrene Unternehmer schnell erkennen können, ob bereits Handlungsbedarf besteht, um so eine drohende Krise frühzeitig abzuwenden.

Dies ist sicherlich lobenswert und richtig, allerdings zeigt die Beratungspraxis, dass entsprechende offenkundige Krisenindizien lange ignoriert werden. Selbst das gesetzgeberisch formulierte Krisenindiz des Verlustes von 50% des Stammkapitals einer GmbH führt nur in seltenen Fällen zu einer tatsächlichen, am Wortlaut des GmbHG orientierten Reaktion des Unternehmers – nämlich, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen, um die Gesellschafter über dieses Krisenindiz zu informieren (§ 49 Abs. 3 GmbHG).

Es wäre wünschenswert, wenn diese Gesetzesinitiative tatsächlich eine Änderung der Sanierungskultur in der Gestalt nach sich zieht, dass sich Unternehmer frühzeitig mit der Frage der Krisennähe auseinandersetzen und entsprechend handeln.

 

2. Wege in den Restrukturierungsrahmen

Der BDU bestätigt mit seiner Auffassung die häufig anzutreffende Auffassung, dass der präventive Restrukturierungsrahmen ohne größere bürokratische Hürden allen Unternehmen offenstehen sollte. Einerseits soll der Weg möglichst ohne Antragsverfahren bei Gericht erfolgen, andererseits schlägt der BDU zur Vermeidung einer missbräuchlichen Nutzung vor, dass zumindest ein „Grobkonzept“ zur Sanierung vorliegen sollte.

Hier stellt sich allerdings die Frage, wer entscheiden soll, ob das vorgelegte Grobkonzept auch hinreichend ist. Möglicherweise erfolgt diese Prüfung bzw. Beurteilung erst nachträglich, nämlich dann, wenn der Restrukturierungsplan im Einzelfall durch ein Gericht bestätigt werden muss. Dies wäre aus unserer Sicht ein sinnvoller Weg, möglichst vielen Unternehmen zunächst diese Möglichkeit der außergerichtlichen Sanierung einzuräumen. Wenn dabei alle involvierten Gläubiger den vorgeschlagenen Weg mitgehen, besteht auch kein Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellung, ob das Unternehmen tatsächlich krisennah genug war, um an dem Restrukturierungsverfahren teilzunehmen. Sollten jedoch einzelne Gläubiger überstimmt werden sollen, wird es zu einer entsprechenden gerichtlichen Beteiligung kommen, so dass dann auch eine entsprechende Prüfung vorgenommen werden kann.

3. Auswahl und Qualifizieurng des Restrukturierungsbeauftragten

Der BDU verweist für den Fall, dass ein Restrukturierungsbeauftragter eingesetzt werden muss, darauf, dass das Restrukturierungsverfahren ein schuldnerorientiertes Verfahren sein sollte und damit der Schuldner auch ein echtes Vorschlagsrecht haben sollte, von dem nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden darf.

Dieser Vorschlag ist aus unserer Sicht absolut sinnvoll, da eine unternehmensintern durchgeführte Restrukturierung nur dann erfolgreich sein kann, wenn die beteiligten Parteien diesen oftmals schwierigen und auch mit Emotionen verbundenen Weg vertrauensvoll gemeinsam angehen. Eine Akzeptanz für die Umsetzung notwendiger Maßnahmen wird vor allem dann zu erwarten sein, wenn der Unternehmer den Restrukturierungsbeauftragten grundsätzlich selbst aussuchen darf.

Selbstverständlich sollte – wie auch von BDU zu Recht angemerkt – der Restrukturierungsbeauftragte entsprechende Kenntnisse und Fähigkeiten mitbringen.

4. Restrukturierungsplan

Die Konkretisierung der notwendigen Inhalte eines Restrukturierungsplans durch den Gesetzgeber steht naturgemäß noch aus. Die bisher vorliegenden Vorgaben:

  • Erläuterungen zu den involvierten Parteien
  • Beschreibung der Ausgangssituation
  • Informationen zur Gruppenbildung
  • Darstellung des Restrukturierungsplans inklusive Maßnahmen
  • Begründung, dass die Umsetzung des Restrukturierungsplans die Bestandsfähigkeit des Schuldners gewährleistet

finden sich auch beispielsweise im S6 des IDW.

Wenn nun der BDU fordert, dass an die Inhalte des Restrukturierungsplans hohe Anforderungen zu stellen sind, ist dies einerseits verständlich – sollen doch „ungeeignete“ Sanierungspläne gerade verhindert werden. Andererseits stellt sich aber die Frage nach der Eignung dieses Instrumentariums für KMU, die gerade besonderer Hilfe bei der Sanierung bedürfen und denen bisher vom Gesetzgeber ein „einfaches Verfahren“ in Aussicht gestellt wird. Insoweit ist jedenfalls die Zurverfügungstellung von entsprechenden Checklisten zu begrüßen, mit deren Hilfe die Erstellung des Restrukturierungsplans durch den Unternehmer zumindest soweit vorbereitet werden kann, dass der Aufwand und damit auch die Kosten der abschließenden Erstellung des Restrukturierungsplans auch für kleinere, häufig inhabergeführte (Familien-)Unternehmen tragbar bleibt.

5. Umfang der möglichen Restrukturierungsmaßnahmen

So unterschiedlich wie die Krisenursachen werden auch die vorgesehenen Restrukturierungsmaßnahmen sein. Änderungen von Vermögenswerten und/oder Verbindlichkeiten allein werden die Probleme eines Unternehmens in Krisennähe im Regelfall nicht beseitigen. Daher dürfte es selbstverständlich sein, dass auch organisatorische Maßnahmen Bestandteil von Restrukturierungsplänen sein können und müssen.

Mit Spannung zu erwarten ist, ob durch einen Restrukturierungsplan auch in laufende Verträge eingegriffen werden kann – nicht nur durch eine ggf. vorzeitige Beendigung, sondern evtl. auch durch Anpassung von Vertragsinhalten (z.B. erzwungene Mietzinsreduzierung als „Verzicht in der Zukunft“). Der BDU führt hierzu aus, dass zwar auch ein Eingriff in Vertragsverhältnisse erfasst sein sollte, diese Möglichkeit aber außerhalb eines Insolvenzverfahrens nicht weiter gehen sollte als innerhalb. Damit würde sich der Eingriff in Vertragsverhältnisse auf mögliche Sonderkündigungsrechte beschränken.

 

Fazit und Folgen für die Praxis

Der BDU greift in seinem Positionspapier wichtige Aspekte des präventiven Restrukturierungsrahmens auf und stellt Ideen zur Umsetzung vor.

Es bleibt abzuwarten, ob der neue Restrukturierungsrahmen tatsächlich auch für kleine, krisenunerfahrene Unternehmen einen praktikablen Lösungweg darstellen kann und wird. Eine neue Sanierungskultur wird nur entstehen, wenn das Restrukturierungsverfahren tatsächlich einfach und unbürokratisch abläuft – Akzeptanz auf beiden Seiten wird es ohnehin nur erfahren, wenn Schuldner das Verfahren nicht für einen einfachen Schuldenschnitt missbrauchen, sondern aktiv und sinnvoll an der nachhaltigen Restrukturierung ihres Unternehmens arbeiten (wollen).

 

Weitergehende Informationen und Fragen

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