Das SanInsFoG bringt diverse Konkretisierungen und Anpassungen im Insolvenzrecht auf den Weg

Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) hat der Gesetzgeber diverse Anpassungen in der Insolvenzordnung vorgenommen. Neben der Schaffung des präventiven Restrukturierungsrahmens für in Schieflage geratene Unternehmen betrifft dies eine Verkürzung der Dauer der Restschuldbefreiung für natürliche Personen, Anpassungen bei den Fristen zur Insolvenzantragstellung, Konkretisierungen zur Ermittlung der Insolvenzgründe und Vorgaben zur Insolvenzplanerstellung sowie zur Eigenverwaltung.

Zudem wurde aufgrund der weiterhin anhaltenden Corona-Pandemie für bestimmte Unternehmen eine Aussetzung der Insolvenzantragspflicht beschlossen – hier ist aber besondere Vorsicht geboten, da diese nur unter engen Voraussetzungen und für eine kurze Zeit gilt.

 

Die wesentlichen Änderungen im Überblick

1. Verkürzung der Restschuldbefreiung

Lässt sich eine Insolvenz nicht vermeiden, bedeutet dies für Verbraucher und auch für Einzelunternehmer (Gewerbetreibende, Freiberufler, Kaufleute) oftmals das wirtschaftliche Aus. Während im Falle der Insolvenz einer (Kapital-)Gesellschaft die Gesellschafter grundsätzlich frei sind, durch Gründung eines neuen Unternehmens schnell wieder wirtschaftlich Fuß zu fassen, sind natürliche Personen aufgrund der mehrjährigen Restschuldbefreiungsphase und der damit verbundenen Abtretung der pfändbaren Einkommensanteile oftmals wenig motiviert, einer erfolgreichen und entsprechend vergüteten Tätigkeit nachzugehen. Eine erneute Selbstständigkeit scheitert an der Insolvenz-Historie. Um hier die Schuldner schneller wieder in den Kreis der Wirtschaftlich Tätigen zu integrieren, hat der Gesetzgeber die Phase der Restschuldbefreiung von bis zu 6 Jahren auf 3 Jahre verkürzt. Diese Neuerung gilt rückwirkend für alle Insolvenzverfahren, die ab dem 01.10.2020 beantragt wurden.

2. Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für Unternehmen, deren Insolvenzgrund auf die Corona-Pandemie zurückzuführen ist

Die Corona-Pandemie hat für viele Unternehmen zu erheblichen Umsatzeinbußen und damit einhergehend auch zu Zahlungsschwierigkeiten geführt. Um hier zu verhindern, dass all diese Unternehmen einen Insolvenzantrag stellen müssen, hatte der Gesetzgeber zunächst die Insolvenzantragspflicht insgesamt bis zum 30.09.2020 ausgesetzt, sofern die Unternehmen nachweisen konnten, dass die Pandemie der Auslöser ihrer Probleme war (siehe hierzu unseren Blogbeitrag vom 09.04.2020).

Diese Sonderregelung wurde zunächst für den Insolvenzgrund der Überschuldung bis zum 31.12.2020 verlängert, während der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit wieder zu einer Insolvenzantragspflicht führt.
Inzwischen sehen sich viele Branchen mit dem neuerlichen Lockdown erneut akuten Schwierigkeiten ausgesetzt, denen der Gesetzgeber mit der November- und Dezember-Hilfe begegnet. Allerdings zeigt sich aufgrund der Vielzahl von betroffenen Unternehmen und der mit der Beantragung und Auszahlung verbundenen Bürokratie, dass die Hilfen zwar zugesagt, aber noch nicht an die Unternehmen ausgezahlt sind. Damit befinden sich die akut betroffenen Unternehmen derzeit in Liquiditätsnot. Um hier zu vermeiden, dass diese Unternehmen einen Insolvenzantrag stellen müssen, hat der Gesetzgeber für alle Unternehmen, die im Zeitraum vom 1. November 2020 bis zum 31. Dezember 2020 einen Antrag auf die Gewährung finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie gestellt haben, eine Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bestimmt, § 1 Abs. 3 CovInsAG.

Allerdings gilt hier auch weiterhin, dass die Unternehmen den Nachweis erbringen müssen, vor Corona nicht in Schwierigkeiten gewesen zu sein. Insbesondere ist die Zahlungsfähigkeit am 31.12.2019 entsprechend zu dokumentieren.

Ferner bleiben diejenigen Unternehmen insolvenzantragspflichtig, bei denen eindeutig erkennbar ist, dass die beantragten Hilfen nicht ausreichend sein werden, um den Insolvenzgrund zu beseitigen.

 

3. Konkretisierung der Ermittlung der Insolvenzgründe „drohende Zahlungsunfähigkeit“ und „Überschuldung“

Die Regelungen zum neuen präventiven Sanierungsverfahren (siehe unseren Blog vom 11.01.2021) sehen vor, dass nur Unternehmen, die drohend zahlungsunfähig sind, dieses Verfahren in Anspruch nehmen dürfen, § 29 Abs. 1 StaRUG). Eine Abgrenzung zur Überschuldung ist damit zwingend, da für Unternehmen, für die bereits eine Antragspflicht besteht, eine präventive Sanierung nicht mehr in Betracht kommt. Überschuldet ist ein Unternehmen, wenn die Verbindlichkeiten das Vermögen übersteigen, es sei denn, der Fortbestand des Unternehmens ist überwiegend wahrscheinlich. Diese „Fortbestehensprognose“ war und ist auch weiterhin eine Zahlungsfähigkeitsprognose. Deshalb wurde bisher angenommen, dass Unternehmen, die drohend zahlungsunfähig sind, auch keine positive Fortbestehensprognose aufweisen, so dass eine Überschuldungsbilanz zu erstellen war. Aufgrund der dabei zu berücksichtigenden Zerschlagungswerte der Aktivposten wären gerade im Mittelstand viele Unternehmen als überschuldet anzusehen. Um den damit entstehenden faktischen Gleichlauf von drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung zu vermeiden, hat der Gesetzgeber die Prognosezeiträume differenziert:

  • Drohende Zahlungsunfähigkeit liegt nunmehr vor, wenn innerhalb der nächsten 24 Monate der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu erwarten ist.
  • Für die Überschuldung ist weiterhin zunächst zu prüfen, ob eine positive Fortbestehensprognose besteht. Von einer solchen kann hingegen ausgegangen werden, wenn die Fortführung in den kommenden 12 Monaten ab dem Betrachtungsstichtag überwiegend wahrscheinlich ist.

4. Anpassungen im Insolvenzplanverfahren

Die Anpassungen und Ergänzungen im Insolvenzplanverfahren betreffen wesentlich die Einbeziehung von Forderungen aus sog. „gruppeninternen Sicherheiten“, also aus Sicherheiten, die ein verbundenes Unternehmen für Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners gestellt hat. Diese sollen in einem separaten Blogbeitrag behandelt werden.

5. Konkretisierungen zu den Voraussetzungen der Eigenverwaltung

Der Gesetzgeber konkretisiert die Vorgaben für die Beantragung einer Eigenverwaltung und macht damit eindeutig klar, dass nur gut vorbereitete Schuldner, die transparente Zahlenwerke vorweisen, das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung führen sollen.

Eine wesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche Beantragung der Eigenverwaltung ist die Vorlage eines Finanzplans sowie eines Unternehmenskonzeptes inkl. Krisenursachen und Maßnahmen.
Ferner hat der beantragende Schuldner den Stand der Verhandlungen mit Gläubigern darzulegen.
Zudem ist dem Antrag eine Vergleichsrechnung beizulegen, aus der sich ergibt, welcher Mehr- oder Minderaufwand durch die Eigenverwaltung in Vergleich zum Regelverfahren zu erwarten ist.

 

Fazit und Folgen für die Praxis

Insbesondere die neue Definition der Insolvenzgründe führt zu einer erfreulichen Klarheit in der Abgrenzung zwischen drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. Auf die erneute temporäre Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sollten betroffene Unternehmen nur in Ausnahmefällen zurückgreifen und die dadurch gewonnene Zeit nutzen, ihr Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen.

Die Änderungen im Insolvenzplan- und im Eigenverwaltungsverfahren werden aufgrund der ohnehin geringen Fallzahlen dieser beiden Verfahrensarten eher selten Auswirkungen haben. Allerdings zeigen die strengeren Zugangsvoraussetzungen zur Eigenverwaltung deutlich die Intention des Gesetzgebers, das Steuer in der Insolvenz nur denjenigen Unternehmern zu überlassen, die gut vorbereitet sind und ihr Unternehmen jederzeit auf Basis transparenter und aktueller Zahlen führen können.

 

Weitergehende Informationen und Fragen

AMB unterstützt Sie in bei der Überwindung einer Unternehmenskrise und begleitet Sie in diesem Zusammenhang auch kompetent bei der Umsetzung von Restrukturierungs- und Sanierungsmaßnahmen.

Sprechen Sie uns an, um gemeinsam mit uns nicht nur ein schlüssiges und den Anforderungen der Rechtsprechung genügendes Sanierungskonzept für Ihr Unternehmen zu erstellen, sondern aktiv zusammen mit uns Ihr Unternehmen aus der Krise zu manövrieren.